Montag, 4. Juli 2016

Socialman 2016

Am 2. Juli 2016 war es soweit, der Socialman. Ein Extrem-Triathlon in Österreich. Und um es in einem Satz zu sagen: Es war das brutalste und geilste Event in meiner bisherigen Sportlerkarriere.

Aber fangen wir am Anfang an. Nach den 5 Challenge Roth Starts und dem Celtman 2014 wollte ich 2016 nur was cooles bergiges machen, um wenigstens ein bißchen in Form zu bleiben. Auf den Socialman hat mich Gernot hingewiesen und ich hab mich auch sofort angemeldet. Ein Wettkampf mit 40 Startern, bei dem alle Einnahmen für nen guten Zweck gespendet werden, das gefällt mir. Viel besser als die Massenabfertigung mit x-1000 Leuten bei der Challenge oder dem Ironman.

Und es war auch wieder ein self-supported Race. Also keine Verpflegungsstellen alle paar Minuten, keine abgesperrten Strecken sondern ein eigenes Team, ein paar Markierungen auf dem 215km langen Weg und fertig.

Die Vorbereitung lief nicht optimal, aus sportlicher Sicht. Nach dem Extremsport die letzten Jahre habe ich meinen Schwerpunkt mehr auf Familie und Firma gelegt und wollte nicht mehr > 20h Langdistanztraining pro Woche.

Manu von http://trainsmart.webnode.com/ hat mir wieder einen sehr guten individuellen Trainingsplan ausgearbeitet, den ich allerdings nicht voll durchgezogen habe.

Tobias von http://www.gegenwind4punkt0.de/ hat mir ein Rad zusammengebaut, das gut zur Strecke passen müsste. Meine wichtigste Prämisse, gute Bremsen, denn ich hab total Schiss bei kilometerlangen 23% Abfahrten. Bin halt aus dem Flachland.

Rechtzeitig ne Woche vorher hab ich auch noch meine alte Garmin 910 geschrottet. Die Reparatur hab ich versaut, aber kurzfristig von Andre noch ne fast neue 920XT bekommen.

Die Wahl der Kleidung fiel nach langem Probieren wieder auf meinen alten, im Prinzip weissen, kurzen Skinfit TriSuit. Am Sonntagabend hab ich gleich noch ne Email an Skinfit geschrieben, wie lange die Lieferfrist für einen neuen wäre, da ich den bis Donnerstag bräuchte. Am Montag keine Antwort, am Dienstag ne EMail, dass die Anzüge schon unterwegs sind und am Mittwoch kam die Lieferung. Klasse vom Skinfit Support außer meiner Anfrage per Email und meiner letzten Bestellung vor ein paar Monaten gleich eine neue Bestellung zu machen.

Donnerstag

Es geht los. Früh noch schnell zum Centaur-Training ins Gesundheitszentrum. Danke an Julia und Jens für den Gutschein. Ich hab jetzt sogar 4 mal Raumrotation im schwersten Schwierigkeitsgrad geschafft. Tschakah. Mehr geht nicht. Also bei der Maschine.

Danach zu Gernot, der mich wieder begleitet und supported. Vielen Dank dafür. Dann nach Hause, alles einpacken, Diana abholen. Diesmal hab ich 2 Supporter. Vom Celtman haben wir gelernt, das Supportteam echt wirklich richtig anstrengend ist und das 2 Leute besser sind. Einer der fährt und ein weiterer der alles andere vorbereitet, filmt usw.

Abends gegen 21:00Uhr waren wir dann am wunderschönen Grundlsee. Unsere Pension Hofman lag direkt neben dem Rostigen Anker, also dem Schwimmstart.


Freitag

Am Freitagvormittag hab ich noch ein kurzes Koppeltraining (20:5 GA1) gemacht. Herrlich in dieser Landschaft. Danach haben wir ca. 90k der Radstrecke abgefahren. Gernot mit dem Rad, wir mit dem Auto. Boah brutal der Postalm-Anstieg, dachte ich damals noch. Aber es kam noch viel schlimmer.

Abends war Wettkampfbesprechung im Rostigen Anker. Jürgen und Klaus machen den Socialman echt aus voller Überzeugung etwas gutes zur Inklusion von Para-Athleten zu tun. Absolut super und ehrlich. Danach Pasta-Party und ab ins Hotel.

Gernot wartet mit einer Riesenüberraschung. Er hat zusammen mit seinem Bruder ein Video vom Celtman 2014 für mich gemacht. Hammer. Ich bin echt froh, ihn als Freund zu haben. Danke nochmal dafür.

Samstag (Raceday) 

- 4:00 Erwachen, Wecker brauch ich nicht mehr.
- 5:00 Anziehen, alles Einpacken, Gernot und Diana instruieren, was ich in T1 brauche
- 5:25 Einweisung Schwimmstart, Klaus meint: So Leute einfach diese Richtung 5000m, rechts an dem Ufer vorbei zu den Häusern am Horizont. Sonne geht in 40min hinter euch auf.
- 5:28 Das Ende der Schwimmstrecke ist nicht zu sehen. Das Wasser ist warm (relativ) und süß.
- 5:30 Es geht los. Ich schwimme gerne. Bis km 3 hab ich Leute im Wasserschatten, die mich öfters an den Füßen berühren. Das kenne ich sonst nicht. Dann überholt mich die Gruppe, 4 Einzelstarter, 1 Staffelschwimmer. Ich kann leider nicht dran bleiben egal. Alleine weiter. Irgendwann halte ich bei km 4 mal an und checke die Landschaft. Neben mir ist einer der 20 Paddler die uns begleiten, er meint ich soll mich weiter rechts halten. Ok. Los gehts.
- 6:58 Ich komme aus dem Wasser, mir ist leicht schwindelig. Nach 5km überrascht es mich am Ende plötzlich den Grund zu sehen und ich fange an zu schwanken, wie auf einem Schiff. Egal. Neue SCHWIMMBESTZEIT.
   Gernot und Diana empfangen mich in der Wechselzone und haben alles perfekt vorbereitet. Neo aus, Einteiler zu, Helm auf, Strümpfe und Schuhe an und los gehts.
- 7:02 Vor der Radstrecke habe ich mich gefürchtet. Das lässt sich bei uns zu Hause nicht so gut trainieren. Mehrere Fichtelberg oder Auersberg-Auffahrten helfen da wenig, denn die sind auch zu niedrig. Egal, schon am Vorabend bei der Wettkampfbesprechung wusste ich, wo Schluss für mich sein wird.
- Später irgendwann: Hallstädter Tunnel. Ich weine vor Freude. Der Tunnel besteht aus 2 Röhren mit je einer Fahrtrichtung. Eine Röhre ist nur für uns gesperrt. Ich bin alleine im Tunnel und ich bin völlig überwältigt. Geil.
- Noch später: Postalm. Es geht auffi, kilometerlang, 9 Kehren, aus dem Wald bis über die Baumgrenze. Ich strampele los. Von hinten kommen zwei weitere Einzelstarter, die mich überholen. Passt schon. Dann kommt ein einzelner Radler und fliegt an uns vorbei aufwärts. Hammer. Ich fange zu strampeln und gewöhne mich langsam an den Gedanken mich jetzt 40min im leichtesten Gang zu quälen. Ich überhole auch die beiden Einzelstarter wieder und ne große Gruppe an Mountainbikern. Schön, es gibt Leute die sind also NOCH langsamer als ich. Bei Kehre 5 bin ich breit. Ich steige ab, laufe kurz ein Stück, 20 Schritte mehr nicht. Dann gehts wieder los. Auffi. Oben auf der Postalm bin ich glücklich. Das war die EINS. Ab jetzt gehts erstmal bergab. Denke ich. Kurz. Aber 500m später gehts nochmal 300HM hoch. Ich glaube ich sterbe. Meine Oberschenkel fühlen sich langsam taub an. Von hinten kommt ein dürrer Zwerg mit Zeitrad und Scheibe an mir vorbei. Ich fühle mich, als ob ich 250kg wiege. Irgendwann bin ich oben und dann gehts bergab.
Aber auch Bergabfahren musst gelernt sein. Ich kann das nicht. Meine Bremsen glühen, meine Hände verkrampfen. Und während die hiesigen Bergfahrer mit gefühlt 100km/h runter düsen, fürchte ich mich mit gefühlt 40km/h ins Tal.
- Immer zwischendurch: Diana und Gernot sind immer in meiner Nähe. Wie abgesprochen treffen wir uns so alle 20-30 Minuten. Wasser/Gel/RedBull und weiter gehts.
- Bischofshofen: Gleich wird es ernst. Bei km147 beginnt der schwerste Teil der Strecke. Der Dientner Sattel. 3,3km mit durchschnittlich 15%. Durchschnittlich bedeutet hier, zwischen mindestens 15% und höchstens 20% Steigung. Das pack ich nicht. Ich steig ab. Ich schiebe und schiebe. Aufgeben gibt es nicht, nicht mehr jetzt. Ich schiebe hoch. Beim Schieben habe ich ungefähr ne Geschwindigkeit von 8km/h, radeln könnte ich maximal 12km/h. Also kein Riesenverlust. Aber kräftezehrend.
Hier ist nun eine aktuelle Leistungsgrenze erreicht. Wir sind auf >1.300m Seehöhe. Meine Oberschenkel sind leer, mehr spüre ich grad nicht. Die Sonne brennt. Der Schweiß läuft mir ungefähr ebenso stark, wie ich Wasser aus meinen beiden Flaschen nachkippe. Das habe ich noch nicht erlebt.
Irgendwann bin ich oben und völlig fertig.
Die Crew vom Socialman steht auch oben und feuert mich an. Sehr geil.
Diana hat 2 Tassen Kaffee aus edlem Porzellan mit Blümchen. Schön dekadent.

Zum Vergleich: Die Auffahrt zum Dientner Sattel (820HM) ist ungefähr so hoch wie 24 mal Fockeberg, nur steiler. Und das bei km 145, wo schon vorher 2.000HM in den Beinen steckten.

Ab jetzt gehts bergab.
Yeah.
94,7km/h Spitze. Ich hab Angst.
- Irgendwann später: Wechsel zum Lauf. Auf den letzten Radkilometern hab ich mir überlegt, ok Oberschenkel sind völlig hinüber, aber beim Laufen kann ich viel aus Fuß- und Wadenmuskulatur zehren. Schnell stellt sich heraus, dass das bei uns zu Hause geht, aber nicht am Berg. Die ersten Kilometer der Laufstrecke führen über einen sehr schönen Trail mit kleinen Brücken, Bächen, schmalen Matschepampepfaden BERGAUF. Ich gehe. Das erste mal seit Jahren, dass ich zu fertig bin, um zu rennen.
- Fleckweide: Aufgrund schlechten Wetters und Unwetterwarnungen führt die Laufstrecke nicht bis ganz hoch zum Hochtor. Später am Abend fahren wir oben mit dem Auto durch und ich bin sehr froh, hier heute nicht hochlaufen zu müssen. Bei km9 kommt Gernot mit dazu und wir laufen/gehen/joggen/quatschen/fotografieren/filmen/lästern uns bis zum Tauernhaus und wieder zurück. Kilometersplits um die 8min. Die Wasserfälle sind absolut der Hammer.

Ich kann meine Beine nicht mehr heben. Krasses Gefühl. Nur noch ganz leichtes Jogging bergab.
Zumindest bis zu dem Punkt wo Heidi mich überholt. Die erste Frau war schon lange durch, die zweite Frau läuft ca. 1km vorm Ziel an mir vorbei. Ich möchte nicht überholen, wirklich nicht, aber 500m vorm Ziel gehts es nochmal los. Ich hab Energie und sprinte Freude strahlend ins Ziel und werde zweite Frau. Gernot ist schon vorneweg gesprintet und filmt.

GESCHAFFT.

NOCHMAL. NOCHMAL. Absolut geil.


Und hier die Fakten

- Schwimmen http://www.gpsies.com/map.do?fileId=alizczzrgcxodzsb in 1:28h
- Rad https://www.strava.com/activities/629065513
- Lauf https://www.strava.com/activities/629065453
- Ergebnisse http://www.socialman-triathlon.at/fileadmin/socialman/img/2016/Ergebnisliste_2016.pdf



Samstag, 13. September 2014

32 + 3 = G

Nach meinen beiden Langdistanzen im Juni/Juli sollte ich 4 Wochen mal keinen Sport machen, schrieb mir meine Trainerin. Das habe ich auch bis auf 3 kurze Triathlons, ein paar langsame Bergläufchen und ein paar Freiwasserschwimmkilometer hinbekommen. Gleichzeitig habe ich wieder stetig steigende Mengen an Eis und Fleisch vom Grill konsumiert.

Um nicht völlig aus dem Fugen zu geraten, habe ich mir deshalb vorgenommen Ende Oktober beim Frankfurt Marathon zu starten und dort endlich die Joggergrenze zu reißen und endlich ein Läufer zu werden. Heißt in Zahlen schneller als 2:48.

Als Plan wollte ich mal den Countdown ausprobieren. Den Text dazu finde ich genial geschrieben. Wer das selbst lesen möchte, was ich auch Leuten empfehle die einfach nur verstehen wollen, warum sich jemand stundenlang über den Asphalt quält -> http://www.greif.de/countdown-zur-marathon-bestzeit.html

Nun also nach 4 Wochen im Prinzip Sportlichem nichts tun und durchschnittlich 15k Laufen pro Woche habe ich letzte Woche mit dem Countdown angefangen, Stufe 7. Das heißt gleichmal 154km in der Woche oder 22km im Durchschnitt pro Tag. Das tat ein bißchen weh.

Das Highlight in dieser Woche nun war der lange Lauf am Samstag mit Endbeschleunigung. Jens hatte mich schon darauf vorbereitet, dass das was ganz besonderes ist. Und das war es auch. Langer Lauf heißt 35 km, von denen 32 km zügig und abschließend 3 km schnell gelaufen werden.

Die ersten 25 km habe ich fast unbemerkt abgespult, dann wieder zu Hause vorbei, 300ml Leitungswasser und auf ging es zu den letzten 10. Dies war aber tatsächlich anders als sonst. Die letzten 10 sind bei einem normalen 35 einfach nur nach Hause trotten. Nicht aber, wenn man weiss, am Ende wird es nochmal schnell.

Ich trotte also los.
TSSS
das Vibrieren meiner Uhr alle 1 km, erklang zum 26. mal heute. Und irgendwie wurde ich dann nervös. Nur noch 6 km bis zum Start der Beschleunigung.
TSSSTSSSTSSSTSSSTSSS
und schon war der letzte Kilometer ran, bevor die Beschleunigung losgeht. Hab ich alles erledigt bis jetzt? Darm entleert, 3 mal Pinkeln. Hmm gibts andere Ausreden für einen Abbruch? Wie wäre es noch schnell mit Umknicken, Wadenkrämpfen, Kopfschmerzen. Nichts zu machen. Alle Systeme laufen nahezu perfekt. Das Ende der langsamen Strecke stand kurz bevor.
TSSS, 32
Los gehts. Die Beine laufen wie von alleine, nur irgendwie schneller. Ich habe nicht mehr das Gefühl das zu steuern. Der 1. Kilometer der Beschleunigung kommt mir sehr kurz vor. Und einen Augenblick später kommt schon
TSSS, 33
Der 2. Kilometer. Noch läuft es zügig. Ich habe gefühlt das gleiche Tempo wie beim letzten Kilometer und kann das gut halten. Kurz danach dann schon:
TSSS,  34
Der letzte Kilometer beginnt. Es läuft.
34,4 km
hmmm, das war irgendwie länger als die beiden letzten Kilometer
34,6 km
was erst 200m weiter?
34,8 km
oh mann das endet wohl nie
34,85 km
das GPS muss kaputt sein, blöde Bäume hier
34,9 km
wie lange denn noch, verdammt noch mal, vibrier endlich
34,95 km
ich halte das nicht mehr aus, ich lauf doch jetzt schon seit ner Stunde an diesen verfluchten letzten 1000 Metern
34,975 km
VIBRIER DU DRECKSUHR, bitte
34,99 km
ich möchte nicht mehr, warum mach ich das überhaupt, wäre ich doch 2008 bloss vorm Rechner sitzen geblieben und hätte weitergespielt, ich will nicht mehr
TSSS,  35
Die Uhr zeigt 3:51min an.

JAAA, endlich. Noch 50m bis zur Haustür, dann ein Haferprotein-Vanillehafermilch-Shake mit Eis und ab in den Pool, 16° herrlich. ;)

Nächste Woche sind es 29 + 6. Ich freu mich drauf.